Scarred for life
Geschrieben von casta am 04.07.2008 09:56

Kennt jemand die Band? Nein? Kann es daran liegen, dass man schon an der Aussprache des Bandnamens scheitert? Das könnte wirklich gut sein. Ich stelle mir schon vor, wenn ich angesprochen werde, „Gehst du heute auch zum Akpä...dingens Konzert? Weißt schon, Akfäsiia, ne“ Köstlich. Aber jetzt werden wir mal wieder etwas konzentrierter. Dass man die Band nicht kennt, liegt wohl daran, dass „Anthology II“, trotz der irreführenden Nummerierung, ihr erstes Album darstellt. Die Aussprache des Namens kommt dann auch mit der Zeit. Übung macht den Meister. Wäre auch eine Schande, wenn man sie deswegen aufs Abstellgleis stellen würde, denn eine so interessante, wie inspirierte Scheibe kriegt man nicht alle Tage in den CD-Spieler.

Diejenigen unter euch, die hier ein objektives Review, einer so vielseitigen und überraschenden Platte von mir erwarten, muss ich leider enttäuschen. Bei einem so verrückten Stilmix ist eigentlich kein Platz für Objektivität. Entweder man mag es oder eben nicht. Es gibt also keine andere Möglichkeit, als es selbst zu hören und sich seine eigene Meinung zu bilden. Ich tue wohl jedem einen Gefallen, wenn ich hier nur als eine Art Kommentator agiere und berichte was man zu hören bekommt. Wenn ich Stilmix sage, dann klingt das so aussagekräftig wie einige dieser hübschen Promo-Beipackzettel, deshalb versuche ich das mal anhand ein paar Songs beispielhaft zu erklären.

Akphaezya schaffen es innerhalb einiger Songs von progressiven Metalriffs, die mit Doublebass unterlegt sind, nahtlos zum Lounge-Jazz überzugehen und dann nach einer kleinen hörspielartigen Einlage einen lupenreinen poppigen Chorus hinterherzulegen, der wiederum von asiatischen Themen begleitet in einer rockigeren Version eben desselben mündet. Um dieser Beschreibung zu folgen muss man schon tief Luft holen und denkt sich zugleich, dass das zwar vielseitig klingen mag, aber wer braucht so ein Konglomerat von verschiedensten Musikrichtungen schon. Das ist aber genau das was diese Band ausmacht, denn obwohl es zu Beginn recht sperrig wirkt, entpuppt es sich nach kurzer Eingewöhnungsphase als völlig schlüssig. Alle Übergänge können logisch nachvollzogen werden, nichts wirkt zu überladen oder gezwungen. Denn schlussendlich bringt alle Ambition nichts, wenn das Ergebnis am Ende nach eben nichts klingt. Das muss man aber den Jungs und Mädels lassen, durch ihre offensichtliche musikalische Begabung haben sie ihr Werk auf voller Albumlänge im Griff.

An dieser Stelle muss ich mich, bis auf wenige Ausnahmen, als kein Fan von Frauenstimmen im Metalbereich outen. Nun muss ich meinen Ausnahmen noch einen Fall hinzufügen.
Frontfrau Nehl gehört definitiv zu den charismatischeren Stimmen. Sie schafft es innerhalb weniger Noten ganze Oktaven zu überbrücken und hat von Grunts, die zwar nicht die Tiefe von Thorr's Hammer Runhild Gammelsæter erreichen, dennoch gekonnt klingen, bis zu orientalischen Gesängen, alles parat ohne mit der Wimper zu zucken. Hin und wieder nagt sie zwar mit etwas schrägen Einlagen an den Nerven des Hörers, aber kann man da mal ein Ohr zudrücken. Vor allem da die Produktion auch absolut professionell ausfällt. Man kann jedes Instrument immer verfolgen und heraushören. Den Fluch der modernen Aufnahmetechnik hat man glücklicherweise geschickt umfahren. Hier klingt nichts nach Plastik oder Sample.

Abschließend bleibt noch zu sagen, dass „Anthology II“ den ersten Teil einer Serie darstellt, bei der weitere vier Alben folgen werden. Es wird eine geschlossene Geschichte erzählt, dessen Konzept auf ihrer Homepage nachlesbar ist. Ascendance Records haben ein Händchen für Bands, die sich nahe am Wahnsinn befinden. Man sollte schon wissen worauf man sich einlässt. Dieses Album ist kein Easy-Listening und erwartet die volle Aufmerksamkeit des Hörers. Reine Schwermetaller bekommen etwas wenig zum bangen, aufgeschlossene Musik-affine mit einem Faible für Proglastiges und Schräges kommen aber voll auf ihre Kosten. Berti (Ascendance Records)



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